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Anmerkungen zum Artikel

NOTWEHR GEGEN WOLF – HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Beitrag in der Deutschen Jagdzeitung vom 17.02.2021

Verfasser Dr. Heiko Granzin

Der Text ist schon sehr polemisch, und vielleicht treten wir ihm am besten genauso entgegen; nämlich mit einem Beitrag, der den Autor bloßstellt.

Weil es ein Anwalt ist sollte herausgearbeitet werden, dass jeder Jäger, der sich auf diese "Ratschläge" oder unaufgeforderte Rechtsauskunft verlässt, damit ein erhebliches rechtliches Risiko eingeht und stattdessen gut daran täte, eine sachlichere Einschätzung einzuholen, sofern man an diesen Fragen interessiert ist

Juristisch gesehen glauben wir nicht, dass man es als eine Anstiftung (§ 26 StGB), oder Beihilfe (§ 27 StGB) bewerten würde. Geregelt wäre dies in § 111 StGB. Das liegt vor allem daran, dass man den Text in seiner Gesamtheit bewerten müsste. Und auch wenn einige Ausschnitte mehr oder weniger direkt zu einer rechtswidrigen Tat auffordern, mildert der Autor es an einigen Stellen wieder ab.

Das relevante zu § 34 StGB, worauf der Autor es absieht, kann man wie folgend zusammenfassen: Für einen rechtfertigenden Notstand muss (I.) eine "Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut" vorliegen (dies kann man nicht so pauschal, wie der Autor es tut, sagen), (II.) eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen werden (die würde in den meisten Fällen zugunsten des Wolfes ausfallen), und (III.) der Abschuss muss ein verhältnismäßiges Mittel darstellen (auch das wird oftmals wohl nicht der Fall sein, gerade bei Jägern und anderen, die sich mit dem Verhalten der Wölfe auskennen müssten).

Am nächsten kommt eine Aufforderung zu einer Straftat der folgende Kommentar: "Sie sehen sich dem Graurock gegenüber und dieser hat keine Ambitionen, den Rückzug anzutreten? Das ist eine Notstandslage." Die Auslegung von § 34 StGB, die der Autor hier vorlegt, ist ohne weitere erschwerende Details schlicht falsch; es handelt sich in der beschriebenen Situation nicht zwingend um eine Notstandslage. Ganz zu schweigen davon ist es wohl auch verhaltensbiologisch falsch zu sagen, dass ein nicht flüchtender Wolf zu erwarten lässt, "dass es jederzeit ernst wird und die Situation in einen „Schaden umschlägt". Denn das suggeriert, dass jeder, der sich einem nicht-flüchtenden Wolf gegenübersieht, einen juristischen Freibrief für einen Abschuss hat. Das ist sehr fragwürdig und könnte vielleicht (!) als Anstiftung gewertet werden. Zumindest geht der Autor bei der Auslegung von §34 StGB (insb. Punkt (I.), s.o.) sehr unsauber vor.

Daran ändert auch nichts, dass der Autor im darauffolgenden Abschnitt vor einem direkten Abschuss des Wolfes warnt. Denn dies tut er nur mit Blick auf die Rechtsgüterabwägung. Zwar ist eine solche Abwägung (vgl. Punkt (II.) oben) in der Tat ein weiteres Hindernis für einen Abschuss (und es macht einen Abschuss wohl in den meisten Fällen, insofern kein tatsächlicher körperlicher Schaden zu erwarten ist, rechtswidrig); aber es ist halt nur eine spätere Abwägung (s.o. Punkt (II.)). Es bleibt unabhängig davon eine falsche Einschätzung zu sagen, dass notwendigerweise eine Notstandslage vorliegt. Der Autor muss sich darüber hinaus erschwerend entgegenhalten lassen, dass seine pauschale Definition der Notstandslage (d.h. man sieht sich einem nicht-flüchtenden Wolf gegenüber) gerade in Deutschland, wo ein Aufeinandertreffen von neugierigen Wölfen und Menschen unausweichlich ist, fatale Folgen für den Wolf hätte, wenn sie denn richtig wäre.

Soweit wir das sehen vergisst der Autor auch völlig, die Verhältnismäßigkeitsprüfung (s. Punkt (III.) oben) vorzunehmen. Wieder ein Zeichen für eine juristisch sehr schlampige Arbeit und problematisch für jeden, der sich in der Praxis auf diesen Kommentar verlassen würde. Denn der Autor suggeriert, dass nur das Töten des Wolfes geeignet ist, die „Gefahr abzuwenden." Wir sind überzeugt, ein Kochtopf mit Löffel hätte in den meisten Fällen den gleichen Effekt und wäre damit im Sinne von §34 StGB ein angemesseneres Mittel.

Den Link zum Artikel von Granzin finden sie hier.

V. A. E.  Zimmermann, Dr. R.  Scharnhölz 21.02.2021

 

Aktueller Schutzstatus Canis lupus       Nach WA Anhang II

                                                                         Nach EG Anhang A 2019

                                                                         FFH IV

                                                                         BG s streng bzw. besonders geschützte

                                                                         Listung 24.04.1977

                                                                         BNatSchG seit 31.08.1980

                                                                         Höchstschutz seit 01.06.1997

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