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Osterferien

Ich stehe an einer Tankstelle irgendwo in Nordeuropa ….es ist übervoll und eng, zugestellt von schweren Fahrzeugen mit Anhängern und Schneemobilen.

Mir fallen auf den Anhängern Massen von 20 Liter Plastikkanistern auf, die mit Spanngurten 

an den Seiten neben den Schneemobilen festgezurrt sind.

Das sind Massen…unvorstellbar!

Zuerst werden die “ Zugmaschinen “ befüllt, keiner unter 6 Zylindern und mächtig mit allem Schnick-Schnack ausgerüstet. Viele junge Menschen stehen neben den Einfüllöffnungen ihrer Fahrzeuge und unterhalten sich  während der Kraftstoff  durch den festgeklemmten  Zapfhahn in den Tank gepumpt wird. 

Die 60  dann die 80 Liter Marke wird schnell überschritten…ich gehe auf einen jungen Mann zu.

 

“ Sind Sie auf dem Heimweg…?"

“ Nein, wir sind gestern angekommen”

“ Müssen Sie schon tanken?”

Ein erstaunter Blick trifft mich!

“Natürlich, 2 Schneemobile brauchen schon etwas..”

Sein Blick streift zwei futuristisch aussehende Schneemobile, die auf dem Anhänger stehen.

“ Was brauchen die denn so an Sprit?”

Es gesellt sich eine weitere männliche Person gelassen zu uns. Auch sie wartet in der langen Schlange vor einer der Zapfsäulen. Seine junge Frau sitzt im SUV und kaut auffällig.

Ich frage nach, Motorenlärm übertönt meine Frage etwas.

“ Es kommt darauf an…20 manchmal 30 Liter und mehr….er lacht, wiegt mit dem Kopf hin und her… schmunzelt."

“ Wieviel PS hat denn so ein modernes Schneemobil?”

“ Der gelbe da neben dem roten mhh…152….der rote ist ein Sondermodell und leistet über 200 PS…der kommt mit 30 Liter aber nicht aus,” lachen…!

“ Am Tag?” Ein erstaunter Blick trifft mich (welch dumme Frage!) "Nein, in der Stunde!”

“ Das ist aber ziemlich teuer.”

Keine Antwort!

Er geht mit dem Zapfhahn für SuperBenzin an den Anhänger und befüllt vier 20 Liter Kunststoffkanister. Wie alt mag er wohl sein? Um die 20 denke ich oder etwas darüber

Ich beginne zu grübeln, beginne die Masse der wartenden schweren SUV mit Anhänger zu zählen….11,12,13,14….16…..das macht keinen Spaß, ich zähle nicht weiter. Eine größere Anzahl von  Schneemobilen versucht an der Warteschlange vorbei zu fahren.

Aufheulende Motoren, kurze Spurts… die Fahrer unkenntlich maskiert, eine Registrierung der Maschinen nicht erkennbar.

 

Ein belastender Gestank von Benzin/ Öl Gemisch breitet sich aus.

Die Helme werden abgenommen, junge Gesichter erkenne ich.

Sind das die Demonstranten für Friday for Future? Das müssen sie doch sein!

Könnte es sein, dass ich hier vielleicht Greta treffe?

Ich betrachte die modernen Maschinen, werde angesprochen:

“ Wartest du auch?”

“Nein, nein… ich schau mir nur die Schneemobile an…der ist aber neu”?

“Ja, letzten Herbst gekauft, ein Sondermodell.”

“ Und der Preis?” Er schaut lächelnd auf die Maschine…

“ Was braucht der denn so in der Stunde?”

“ Mit all den Umbauten…30 …40 Liter.”

“Und wie viel PS….”. 

“ 299…

“Was, das kann doch nicht sein.”

“Natürlich!”

Er erklärt mir stolz den Motor und auch die “ Extras “, die ja nicht serienmäßig verbaut sind.

“ Ist denn heute ein besonderes Treffen…. so viele Leute sind hier”?

“ Nein, das ist im Winter so”

“ Der lange Winter…was sollen wir sonst tun”?

“ Aber die Kosten”.

Er wendet den Blick etwas ab.

“ Viele arbeiten nur für das Benzin kaufen zu können.”

“ Sonst keine Hobbys?”

Keine Antwort ( ich denke nach, frage mich wie viele Bücher mag er wohl im Regal stehen haben?).

“ Wohin fahrt ihr denn?”

“ In die Berge ….aber auch sonst hier herum….. was meinst du was im Fjell los ist, da geht gar nichts mehr…..alles voll… keine freien  Parkplätze mehr …überall Autos …viele Norweger, die trinken uns alles weg…”

“ Wohnst du denn hier?”

“ Ich nicht, aber Kumpels von mir”

“ Darf man denn einfach so in den Wald fahren?”

“ Ja, das Jedermannsrecht erlaubt das”

“ Das Jedermannsrecht?”

“ Ja…,” er schaut weg.

“ Und wenn Ihr Spuren findet, das ist doch spannend”

“ Ja, genau… denen können wir folgen”.

“ Hast du denn schon einmal etwas spannendes gesehen”?

“ Ja, Vielfraß im Gebirge….und einmal einen Luchs, der war aber zu schnell.”

“ Wie schnell sind die denn?”

“ Sehr schnell, mit dem Schneemobil kommt man nicht nah genug heran”

“ Warum, ein Schneemobil ist doch schnell”

“ Luchse laufen in den dichten Wald, da kommen wir schlecht durch…. wir müssen sehr schnell sein”

“ …und der Vielfraß”?

“ …da kümmern sich schon die Lappen drum…”

“ …verstehe ich nicht”...

“ …die wissen wo die sind …killen die mit dem Schneemobil, das machen wir nicht.”

 

Ich muss nachdenken, hebe dankend die Hand und  wende mich etwas ab, den belastenden Geruch der Maschinen halte ich nicht mehr aus und schlängle mich in den Verkaufsraum der Tankstelle.

Auch hier ist die Luft nicht besser. Der Geruch der Maschinen haftet an den dicken Anzügen der Fahrer.

Trauben von Menschen vor dem Hotdog Stand. 

“ Wollen Sie auch einen Snack, dann müssen sie sich aber anstellen”

 Ich schaue zur Seite…und in das runde Gesicht einer jüngeren Frau.

“ Nein, keinen Snack…ich will, “weiter komme ich nicht mehr.

Man schiebt mich sanft zur Seite.

“ Wie viele Würstchen verkaufen Sie denn heute, hundert?”

Das runde Gesicht schaut mich freundlich an.

“ Ja, was denken Sie ….aber in einer Stunde.”

“ Das kann doch nicht sein”

“ Natürlich!

“ In ungefähr einer Stunde bricht hier das Chaos aus”

“Warum”?

“ Die Hotdogs sind dann verbraucht...... auch die Biervorräte.”

 

(Ich muss an die mit Kartoffelmehl angereicherten überfetteten, fleischfarbigen Würste denken, die in Weißmehlverpackungen stecken, triefend überzogen von roten mit Geschmacksverstärkern gesättigten und überzuckerten Soßen …..)

 

“ Wir warten auf eine Blitzlieferung,” lächelt mich das runde Gesicht wieder freundlich an.

“ Nein!”

“Doch, schauen sie sich einmal um!"

“ Wie sieht das denn mit dem Benzin und Diesel aus?”

Das runde Gesicht zieht die Backen hoch und verdreht die Augen.

“ Vielleicht noch für heute, morgen….mal sehen.”

Ich lächle freundlich und begebe mich vorsichtig in Richtung Tür.

Die Schlange der wartenden SUV und Schneemobile ist länger geworden.

Viele sitzen in ihren schweren Fahrzeugen bei laufendem Motor und versuchen so der 

Kälte draußen zu entgehen.

Schritt für Schritt … nein Schrittchen für Schrittchen nähern sie sich im Fahrzeug sitzend der anvisierten Zapfsäule …ob sie noch etwas bekommen?

Ich denke an Greta und Freyday for Future… ist sie vielleicht hier irgendwo versteckt… an den Umweltschutz, die Klimaveränderungen … an Luchs und Vielfraß und an meine schnelle Rückkehr nach hause …..könnte ich nur fliegen…na dann schöne Ostern …ab Dienstag wird wieder gemeckert…

 

 

 

Dies bemerken Emil & Kiang

Bildmaterial Pixabay

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Martin (Freitag, 15 April 2022 15:48)

    Der Text könnte aus einem zynischen Kabarett sein, aber die Realität hat einfach mehr drauf!

    Trotzdem schöne Ostern

  • #2

    Wolfgang Scherzinger (Samstag, 16 April 2022 11:50)

    ja, ob Panzer oder Schneemobile, Hauptsache laut, stinkend und PS-stark.
    Hier werden die Leute politisch/moralisch unter Druck gesetzt, um den Energiebedarf aus russischen- Importen zu reduzieren, aber Norwegen hat ja eigene Quellen und da kennt der Spritverbrauch keinen direkten Bezug zum Krieg in der Ukraine.
    Da kann man mit "bestem Gewissen" die Klimakrise anheizen!
    Frohe Ostern

  • #3

    Carsten Ludwig (Dienstag, 19 April 2022 08:22)

    Gruselig !!

  • #4

    Yadgar (Freitag, 27 Mai 2022 13:52)

    Prollige Jungmänner, sich mit Lallkohol volllaufen lassen und mit dicken Motoren rumdröhnen... überall auf der Welt das gleiche Bild. Ob beim Schützenfest in Alkena-Bunkenhagen, bei der Redneck-ATV-Schlammparty in Swampville, South Scarylina oder sogar mitten in der norwegischen Taiga... arme kaputte Welt!