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Kriegstrommeln

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Nein, es geht nicht um die Ukraine, sondern wir bleiben in der EU und im noch (!) Waldland  Schweden.

Es geht auch nicht primär um Menschen, es geht um das, was wir zu lieben vorgeben. Es geht um die Natur, um Tiere, um unsere Ökosysteme, die Homo sapiens, der angeblich weise Mensch, immer rücksichtsloser ausnutzt und ausbeutet.

Ich erhielt eine Mail - eine nachdrückliche, stark antreibende Aufforderung  aus der Jagd- Zentrale der alles bestimmenden Holzindustrie.

Motivation war angesagt, man wurde informiert, dass es noch lebende Elche gibt, die man beschießen kann… nein besser beschießen sollte. Das hoch angesetzte "Soll", das geforderte “Muss” war noch nicht erfüllt, “da ist noch viel Luft nach oben”. Die Mitteilung beinhaltete, dass noch viele Tiere geschossen werden müssten. In geschickter Manier wurde versucht, Druck aufzubauen. Man wartete auch gleich mit Zahlen auf, wie bei der Börse oder der forstlichen Kubiktabelle. So funktionieren Verwaltung und Management der Wildtierbestände durch die Holzindustrie.

Der Verfasser der Mail  vergaß auch nicht die lobenden Worte für die vierbeinigen Jagdhelfer, schleppen diese doch auch im Dienste der Holz- und Forstindustrie jede Menge Technik bei der Elch- und  Bärenjagd mit sich. Helfen diese doch fleißig  mit, zumindest den Bäume vernichtenden  Elchbestand auf ein Wunsch- Niveau zu reduzieren. Die Holzplantagen  der Industrie benötigen Schutz, viel Schutz vor den  Zähnen der Wiederkäuer. Man lebt in dieser Manie, fest entschlossen, die eigene, die Natur schädigende Forstpolitik, wo immer es geht, zu schützen. Die metallenen Klauen und Zähne der Erntemaschinen erfahren keine oder allenfalls harmlose Kritik. Harvester & Co erzeugen Profit,  füllen die Taschen der Konzerne und schrauben Gewinnspannen in die Höhe.


GPS und Digitalkamera am Hundekörper zeigen dem sitzenden und wartenden Schützen verlässlich  an, wo das zu beschießende Tier sich gerade hinbewegt. Sehr anschaulich wurde dieser spezielle Einsatz der Technik bei der diesjährigen Bärenjagd praktiziert. Von staatlicher Seite wurden großzügig 622 Exemplare zum Abschuss genehmigt. Der in der EU gültige höchste Schutzstatus dieser Art wurde gegenüber den Forderungen der Jagd auch und besonders durch staatliche Behörden großzügig  interpretiert.

Von Seiten der Schützen  erfüllte man alle technischen Voraussetzungen, den genauen Standort der gehetzten Tiere zu bestimmen, positionierte sich problemlos zeitnah neu oder um. Selbstverständlich immer  unter Einsatz vierrad betriebener PS - starker Fortbewegungstechnik. Man war auch in der Lage, das Exemplar über die am Hund mitgeführte Technik  zu bestimmen, ob groß oder klein. Bei Ersteren, den größeren, prestigeträchtigen Exemplaren der anvisierten Jagdbeute, waren die Motivation und der Jagdtrieb besonders herausgefordert.

Spezielle Bärenhunde, hervorragend trainiert und technisch aufgerüstet, ließen dem aufgespürten und gehetzten  Bären keine Chance. Autokarawane von links… Autokarawanen von rechts schieben sich langsam  über die Waldwege, man positionierte sich neu, alle am Lenkrad in jagdgrüner Montur oder zeitgemäß in camouflagefarbigem Outfit…das ist praktizierte Jagd! Heute! Hat es irgendwo geknallt, eilen alle ausreichend  motorisiert  vor oder zurück… startende Motoren, Motorenlärm. Das Mobiltelefon am Ohr, das Lenkrad locker in der Hand. Die unflätigen Wortbeiträge der Beteiligten sind schwere Kost, unerträglich für empfindsame Menschen! für belesene, nachdenkliche Menschen.

Vollgepumpt mit Adrenalin werden die gehetzten Tiere in Richtung großflächig freier  Schussfelder oder ganz dicht an die in der Nähe befindlichen Hochsitze gescheucht. Diese verfügen über ausreichend freie Sicht. Böse Fallen für gehetzte Paarhufer. Für das Schussfeld hat die Forstindustrie schon großzügig gesorgt. Darin sind sie unbestrittene Meister. Verfügen über die notwendigen, gewichtigen Großmaschinen, um überdimensional große Schussfelder gewinnbringend zu realisieren. Jagd kostet viel Geld! Mit eisernen Zähnen und Ketten modellieren  sie Kahlschläge von unvorstellbarer Ausdehnung, angereiht in ein immer dichter werdendes neues  Waldwegenetz. Man vernichtet und baut! Es ist ein System, dass nur auf Bilanz und Rendite-Denken ausgerichtet ist. Und der Staat? Er schaut zu, verdient er doch an jedem abgeholzten Baum mit.


Da haben kleinere Waldbesitzer keine Chance, sie werden von der alles umspannenden Holzindustrie förmlich isoliert, sowie jagdlich und forstlich ignoriert.

Angrenzende Plenterwald Bestände fallen rücksichtslos in drei Ernteschichten und unabhängig von der Jahreszeit  den gewaltigen Erntemaschinen  zum Opfer. Es bleibt unbeachtet, ob Raufußkauz oder Baumfalke Brutbäume seit Jahren im Ökosystem beziehen, ob die Spielplätze der Auerhähne betroffen sind oder die so wichtigen Wanderwege der Elche. Gelege bodenbrütender Waldhühner werden ungeachtet planiert, vernichtet. Den Verantwortlichen der Konzerne fehlt es schlichtweg an Wissen und notwendigen Kenntnissen über Arten und deren empfindliche und schützenswerten  Lebensräume.

 

Die neu realisierten Zuwegungen in die entlegenen aber für die Industrie erntereifen Wälder und Ökosysteme, stehen heute schneller für die totale Ernte in drei Schichten an.

Man reagiert rasend schnell, erfüllt alle teilweise selbst gesteckten Voraussetzungen und hat mögliche Einwände von Seiten behördlicher Institutionen im Griff. Über die neu geschaffenen Zuwegungen werden fristgerecht gleich Containerweise Setzpflanzen von nicht einheimischen, aber schnell wachsenden nordamerikanischen Nadelhölzern herangeschafft. Ob der angrenzende Waldbesitzer dies will oder nicht, er hat besonders unter der Last und Ausbreitung der Florenverfälschung zu leiden oder schnelles waldbauliches Renditedenken der Holzindustrie gefälligst mitzumachen.

Von Seiten der Holzindustrie hat man auch ein passendes Konzept für die Abholzungen der angrenzenden privaten Waldflächen parat. Alles aus einer Hand oder eines Konzerns: Einen Abholzungsvertrag  mit allen notwendigen Genehmigungen: maschinelle Aufbereitung der abgeholzten Flächen und Aufforstung mit Jungpflanzen. Abgerechnet wird nach Abtransport und Vermessung der geernteten Kubikmeter von einem entfernten  Expertenteam.

Wie be- und verrechnet wird, bleibt selbst für einen eingefleischten Mathematiker ein Rätsel.

Von der Holzindustrie konstruierte Rechenwege der Volumenberechnung der Baumstämme 

orientieren sich nicht an der international gültigen Formel für die Berechnung der Festmeter.

 

 

Der Waldbesitzer  braucht sich um nichts zu kümmern! Bequemlichkeit und Unwissenheit dieser Menschen waren schon immer die Partner der Holzindustrie. Die  Holzkonzerne bestimmen alle Vorgänge. Auch der von ihnen festgelegte Holzpreis, der einem internationalen Vergleich nicht annähernd nahe kommt oder vergleichbar ist.

Eine Anzahlung, nach der der Waldbesitzer meist dürstet, ist häufig schnell verbraucht.

Das mit Erntegeldern realisierte neue Wunschauto muss oft genug später durch einen zusätzlichen Kredit finanziert werden. Was bleibt, sind weitere Kahlflächen. Die Erntemaschine zieht weiter, wen kümmert es. Immer den neu planierten eigenen Wegen nach.

 

 

 

Gerade dieses System ist entscheidend für die Holzindustrie. Dient es in erster Hand dem sehr schnellen Abtransport der Hölzer, ermöglicht es wie  selbstverständlich die leichte,  aber unbedingt motorisierte  Zugänglichkeit zu den Sitzgelegenheiten auch  der Jagdausübung. Man fährt bis an die Leitern der teilweise erhöhten Schießpositionen. Für Bequemlichkeit hat aber nicht nur die Holzindustrie durch Zuwegungen  gesorgt. Architektonische Meisterwerke, baulicher Kunstfertigkeit und gelungene  Materialwahl,  zusätzlich ausgeschmückt und dekoriert mit schriftlichen Ratschlägen zur Überwindung der Wartezeit, sind weitere Zeugnisse sichtbarer jagdlicher Subkultur.  

Hinweis:

Das Wort "Runkpasset" setzt sich zusammen aus dem Wort "runka" und "pass".

Pass hat hier die Bedeutung von Wildwechsel, das Wort "att runka" bitte selber googeln.


Man nutzt von erhöhter Sitzmöglichkeit die moderne Kommunikationstechnik. Immer gut darüber  informiert, wohin das vierbeinige Opfer auch gerade flüchten will. Natürlich alles überdacht und mit Ofenheizung für den warmen Kaffee oder die mitgebrachte Wurst, es könnte ja kälter werden.

Was fehlt, sind Abfalleimer! Leere Flaschen, Batterien, Bierdosen und jede Ausführung von Plastikverpackung sind leider traurige Zeugnisse kulinarischen Genusses während der Jagdausübung.


Plastiksäcke, die schon seit Jahren geschickt hinter den Sitzgelegenheiten versteckt werden, finden durch vierbeinige nächtliche Besucher  wieder ihren Weg in die sichtbare Öffentlichkeit. Da, wo die Jagdbeute eine Erstversorgung erfuhr, wurden liegengelassene Schutzhandschuhe von wilden Nachnutzern gefunden und verschleppt.

Raben transportieren in luftiger Höhe lautstark rufend blutige Einweghandschuhe zu ihren Clanmitgliedern. Überzeugt, etwas einmaliges gefunden zu haben. Befiederte Intelligenz!

Viele Arten wandern ab, versuchen es wenigstens. Das System der ökologisch wertvollen und nutzbaren räumlichen Möglichkeiten wird reduziert durch ein Netz zusammenhängender großflächiger Kahlflächen. Völlig isoliert werden kleine, ökologisch wertvolle Restflächen, die sich gegenüber den Konzernen häufig in ablehnender Position und  Privatbesitz befinden. Monokulturen bieten für die meisten Arten wenig Aufenthaltsmöglichkeiten oder Lebensraum, zumal die im Besitz der Holzkonzerne befindlichen riesigen Flächen von unliebsamen und nicht geduldeten  Baumarten und anderen Hölzern gesäubert  werden. Was wachsen darf bestimmt die Industrie.

Wie immer: Der Staat schaut zu und verdient am System gleich geschmeidig  mit.

Der Mythos der nordischen Wälder hat drastisch an Bedeutung verloren und man unternimmt alles, um den Rest auch noch die letzte  Bedeutsamkeit zu nehmen.

Was fehlt ist der massive Protest im Land, auch und besonders der Jägerschaft, die sich zur Zeit bequem hinter den Jagdmöglichkeiten auf Bär und Elch bei den Holzkonzernen duckt.

Für nachhaltigen ökologisch orientierten Waldbau und eine vertretbare Nutzung müssten bestehende System konsequent hinterfragt und Änderungen realisiert werden können.

In neuen Bahnen zu denken, ist aber nur ganz wenigen Menschen gegeben..

Die Machtverhältnisse im Land lassen diese Entwicklung noch nicht zu.

Emil und Kiang

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Kommentare: 2
  • #1

    Martin Reifinger (Dienstag, 08 November 2022 11:28)

    Wir kommen dem Klimawandel zuvor und zerstören, was er zerstören könnte. Auf diese Weise nehmen wir ihm die Möglichkeit, Schaden anzurichten. Eine wahrlich kluge Strategie!

  • #2

    Hans Frey (Dienstag, 08 November 2022 17:08)

    Danke für euren Einsatz. Der einzige Weg das Prizip "macht euch die Erde untertan" vielleicht etwas in Frage zu stellen. Es fällt von Tag zu Tag schwerer auch nur einen Funken Hoffnung zu bewahren.